ESSAY-BRIEF

Essay-Brief Februar 2017

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„Anhaltend glücklich sein“ – Teil 3

© Bernd Helge Fritsch

 

Glück und Liebe

Glücklich-Sein bedeutet lieben und lieben bedeutet glücklich sein. „Lieben“ ist zwar ein Tun-Wort, doch grundsätzlich genügt es einfach nur entspannt gegenwärtig zu sein und möglichst nichts zu denken. Dann bist du und lebst du was du in deinem Seelengrunde bist – eine Liebende, ein Liebender.

Das größte Hindernis auf dem Weg zu anhaltender Glückseligkeit ist „Nicht-Liebe“, ist der Widerstand gegen das Sein, wie es sich uns im Augenblick offenbart.

Wenn wir etwas ablehnen, kritisieren, uns ärgern, wenn wir uns Sorgen machen oder uns ängstigen, so befinden wir uns in der „Nicht-Liebe“. Wir befinden uns im Widerstreit mit uns selbst. Denn die sogenannte „äußere Welt“ – über die wir uns zum Beispiel ärgern – existiert nur in unserem Gehirn, in unserem Bewusstsein. Jeder einzelne Mensch kreiert durch sein individuelles Denken, Fühlen und Wollen die Welt in der er lebt.

Die Welt, wie sie uns täglich begegnet, ist ein Spiegel unserer Denkweise. Diese wiederum entspricht der Bewusstseins-Stufe auf der sich jeder einzelne von uns befindet.

Wie wirklich ist meine Wirklichkeit?

Die äußere Welt entsteht für den Menschen durch seine Wahrnehmungen, welche ihm über seine fünf Sinne vermittelt werden. Diese „behandelt“ sodann sein Gehirn indem es sie selektiert, analysiert und interpretiert. Die Welt, wie wir sie sehen, ist also ein Produkt unserer Sinne und unserer Denkart. Hätten wir andere Sinne bzw. würde unser Denken anders funktionieren, so hätten wir ein völlig anderes Bild von der sogenannten „äußeren“ Welt, die eigentlich nur unsere eigene Struktur und Denkweise widerspiegelt.

Allen Menschen gemeinsam ist das Denken in Kategorien wie Zeit, Raum, Kausalität und Dualität. Weil alle Menschen programmiert sind in annähernd gleicher Art zu denken, fällt es nicht weiter auf, dass wir alle bei der Wahrnehmung und Beurteilung der Welt einer kollektiven Täuschung unterliegen.

Wir beobachten und erkennen nicht das „Ganze“ sondern immer nur winzige Ausschnitte der „Wirklichkeit“ und reimen uns daraus, beeinflusst durch unsere Gene, durch unsere Erziehung, durch die Gesellschaft, durch diverse Medien und viele andere Faktoren, unser persönliches Weltbild zusammen. Insbesondere uralte religiöse Vorstellungen prägen unsere Lebenseinstellung, unsere Moral und unser Gewissen. So zum Beispiel reden westliche Religionen dem Menschen seit vielen Jahrhunderten ein, er sei ein kleiner von der Erbsünde belasteter Wurm. Er sei von der Hölle bedroht. Sein künftiges Glück sei abhängig vom Erlass seiner Sünden und von der Gnade eines Gottes, der irgendwo weit weg im Himmel drohnt.

Völlig konträr dazu haben die alten indischen Weisen, ein Jesus und alle großen Mystiker erkannt: Alles ist Gott! Es gibt keine Sünde, sondern nur Unwissenheit! Ich und der Vater sind eins! Atman ist Brahman!

Gedanken sind mächtige, schöpferische Kräfte. Was wir Menschen denken wird zu unserer „Wirklichkeit“, bestimmt die Welt in der wir leben. Deshalb, wenn du befreit und anhaltend glücklich sein willst, achte sorgfältig darauf, was du denkst!

Wie wenig objektiv und wie sehr subjektiv unsere Welt-Bild ist, können wir gut bei uns selbst feststellen. Sind wir „gut drauf“, vielleicht frisch verliebt, jung und voller Tatendrang so erscheint uns die Welt als Paradies mit herrlichen Aussichten. Haben wir eine depressive Phase, ist unser Körper krank, sind wir alt und schwach, wurden wir von einer geliebten Person verlassen, haben wir finanzielle Probleme oder leiden wir unter sonstigen Ängsten, wird die Welt für viele Menschen zu einer Last und Plage.

So lebt jeder Mensch in seiner eigenen, von ihm erdachten Welt. Die alten indischen Weisen bezeichneten die Welt, wie wir sie wahrnehmen, als Illusion. Sie sagten, es sei die Göttin Maya welche unser Bewusstsein so steuert, dass diese Täuschung entsteht.

Schlaftraum und Wachtraum

Der Traum, den wir im Schlaf erleben, weist viele Gemeinsamkeiten auf mit dem Traum, den wir durch unser normales Tagesbewusstsein erleben. Im Schlaf werden Erlebnisse des Tagesbewusstseins, welche im Gedächtnis oder im Unter-Bewusstsein gespeichert sind, von uns selbst zu einer Art Film zusammen gefasst, den wir sodann als Traum erleben. Ebenso ist die Welt, die wir im Wachzustand erfahren, auch nur ein „Film“, der in unserem Gehirn entsteht. Sowohl der Film im „Schlaf-Traum“, als auch der Film im „Wach-Traum“ werden von den in uns wirkenden Gedanken- und Vorstellungs-Kräften produziert und sodann als „Wirklichkeit“ wahrgenommen.

Genauso, wie wir die Unwirklichkeit des Schlaf-Traums erst beim Erwachen erkennen, so durchschauen wir die Maya des „Tag-Traums“ nur dann, wenn wir auch aus diesem Traum erwachen.

Die Fragwürdigkeit unseres Tages-Bewusstsein erkannte schon vor rund zweitausend Jahren Dschuang Dsi. Neben Laotse gilt er als der bedeutendste taoistische Philosoph. Er erzählte:

 „Mir träumte, ich sei ein Schmetterling und flatterte unbeschwert umher. Ich fühlte mich wohl und glücklich und wusste nichts von Dschuang Dsi. Plötzlich wachte ich auf. Da war wieder der Dschuang Dsi. Nun weiß ich nicht ob Dschuang Dsi geträumt hat, dass er sei Schmetterling sei, oder ob der Schmetterling träumt, dass er Dschuang Dsi sei. So ist es mit der Wandlung der Dinge.“

Der Sinn der Maya

Das Spiel der Maya ist von höchster Weisheit und Liebe getragen: Es dient dem Menschen als optimale Schule zur der Entfaltung seines Gott-Bewusstseins.

Die Maya gaukelt uns eine Welt mit guten und bösen Menschen und Ereignissen vor. Was uns gefällt, das Gute und Schöne, macht uns glücklich. Was uns nicht gefällt, lässt uns leiden und macht uns unglücklich. Ohne die Schläge des Schicksals würde der Mensch sich nur den Freuden der äußeren Welt hingeben. Er würde nur seine tierische Natur ausleben und hätte keinen Anlass nach einem höheren Bewusstsein zu streben. Wie der Feuerstein seine Funken verborgen in sich trägt, so trägt auch der Mensch das Licht des Bewusstseins in sich. Und wie der Feuerstein Schläge benötigt, damit seine Funken erscheinen, so benötigt auch der Mensch die Schläge des Schicksals, damit sein wirkliches Wesen offenbar werden kann.

Die Erlebnisse, die wir in der „Schule der Maya“ machen dürfen, führen zur Ausbildung der einmaligen Individualität jedes Menschen. Denn aus den Erfahrungen, die wir in der Maya-Welt machen, kristallisiert sich nach und nach unser individuelles Zentrum von Bewusstheit heraus.

Während dieser Entwicklungsphase „spiegelt“, die Maya all unsere Gedanken und Taten. Was wir täglich an Freuden und Leiden erfahren, kann als „Benotung“ unserer Lern-Fortschritte oder Rückschritte in der Schule des Lebens bezeichnet werden. Somit offenbart uns unser Schicksal die jeweilige Bewusstseins-Stufe, die wir erreicht haben. Unser Schicksal darf dabei keineswegs als Belohnung oder Bestrafung angesehen werden. Es dient lediglich als ideale Orientierungs-Hilfe.

Haben wir das Ziel der „Maya-Schule“ erreicht, so endet für uns dieser Entwicklungsweg. Unser unvergänglicher Seelengrund offenbart sich. Zugleich wird die erscheinende Welt als vergängliches „Spiel“ erkannt. Damit hat sie alle Macht über unsere Seele verloren und wir sind befreit.

Fluch und Segen des Denkens

Der Mensch birgt in sich die Tier-Natur, die Mensch-Natur und die Gott-Natur. Seine Tier-Natur offenbart sich in seinem Instinkt-Verhalten. Insbesondere wird der Mensch so wie das Tier primär von einem mächtigen Überlebens-Trieb und einem fast ebenso starker Fortpflanzungs-Trieb gesteuert.

Durch seine Denk-Fähigkeit unterscheidet sich der Mensch vom Tier. Sein Denken ermöglicht ihm sein Schicksal und damit sein Glück und Unglück selbst zu bestimmen. Wenn er bereit dazu ist, erfährt er nicht nur die Außenwelt, sondern er kann auch in sein Inneres schauen und seine Gedanken, Gefühle und Willens-Impulse und letztlich sein ureigenes Wesen beobachten.

Seine Denkfähigkeit bedeutet für den Menschen sowohl einen Segen als auch einen Fluch. Einen Segen bedeutet sie insofern, als der Mensch mit Hilfe seines Denkens die Natur bis zu einem gewissen Grad beherrschen kann. Zudem kann er sich selbst reflektieren und so zu höheren Bewusstseinsstufen aufsteigen. Als Fluch erweist sich sein Denken, soweit der Mensch es nicht unter Kontrolle hat, sondern von ihm gelenkt und gefesselt wird.

Aus unbewusstem Denken resultiert sein Ego-Verhalten. Unkontrolliertes Denken gleitet vorzüglich ab in Erinnerungen an Vergangenes oder in Vorstellungen von der Zukunft. Auf diese Weise versäumt der Mensch das Wunder des Lebens in der Gegenwart. Stattdessen belastet er sich mit Sorgen, Ängsten, Ärger, Neid, Hass und Unzufriedenheit.

Alles ist Gott

Verständnis für das geniale Spiel der Maya mit seinen Freuden und Leiden erlangen wir erst dann, wenn uns der Sinn des menschlichen Lebens bewusst wird. Wie können wir diesen Sinn auf den Punkt bringen?

Alles ist Tao! Alles ist Gott – das allumfassende Sein! Alle Erscheinungen entspringen dieser einzigen, unvergänglichen Wirklichkeit. Nichts existiert außerhalb von diesem Sein. Alle Mineralien, Pflanzen und Tiere leben in völliger Einheit mit diesem Sein. Doch diese Wesen haben kein Bewusstsein von ihrem „Gott-Sein“. Auch jeder Mensch ist durch und durch, bis hinein in jede Körperzelle, Gott. Er allerdings hat durch seine hochentwickelte Seele die Chance sich der Gottheit in seinem Innersten bewusst zu werden.

„Sich der Gottheit in unserem Innersten bewusst zu werden,

ist der Sinn unseres Lebens. Damit ist alles erreicht!“

 

Ist der einzelne Mensch fähig in dieses Gott-Sein, in unsere Unbegrenztheit, unsere Unsterblichkeit, in unsere allumfassende Liebe und Glückseligkeit im Grunde unserer Seele tief einzutauchen, so bedeutet dies nicht nur für sein Leben, sondern für die Evolution des gesamten Universums den entscheidenden Schritt.

Niemand kann für dich erwachen

Es gibt keinen Weltenretter den wir bitten können, dass er uns erlöst. Gäbe es diesen, so hätte er seit Jahrtausenden Zeit gehabt, die Menschen zu „retten“. Wer die Maya durchschaut, dem wird bewusst, dass alles Gott ist, alles vollkommen ist und alle Probleme nur in unserem Verstand existieren. Eine Welt, die zu retten ist, existiert gar nicht. Wie soll eine Illusion gerettet werden?

Was der Mensch braucht, ist allein sein Erwachen aus dem Traum der Maya. Dieses Erwachen kann nur jeder selbst in seinem Bewusstsein vollziehen. So wie niemand für dich aus deinem Schlaf-Traum erwachen kann, so kannst auch nur du deinen Ausstieg aus dem Traum der Maya vollziehen. Andere Menschen können dir dazu nur Anregungen geben. Jedoch ist selbst der beste Meister machtlos, wenn der Schüler nicht bereit ist, selbst die nötigen Schritte zum spirituellen Erwachen zu gehen.

Was müssen wir tun um zu erwachen?

Nachdem die Maya zum einen nur eine Illusion ist und zum anderen nur ein Spiegel unserer seelischen Entwicklung, wird jeder Versuch unsere äußeren Lebensumstände zu verbessern, ohne uns selbst zu wandeln, scheitern.

 „Nichts-Tun“ (Wu Wei) genügt, erklärt uns die Philosophie Laotses. Die Befreiung ist ein Vorgang in unserem Bewusstsein. Erkenne die Illusion der äußeren Welt! Erkenne ihre Vergänglichkeit! Erkenne das Spiel der Maya in deiner Gedankenwelt! Lerne das „Nicht-Denken“! Werde zum aufmerksamen, möglichst gedankenfreien Beobachter! Identifiziere dich mit nichts, was vergänglich ist! Lerne das Vergängliche vom Unvergänglichen zu unterscheiden! Du bist der Beobachter. Der Beobachter ist das Unbeschreibbare jenseits aller Erscheinungen. Dieses Jenseitige, Ewige und Unsterbliche – das bist du!

Werde innerlich still! Wenn alle Gedanken schweigen, so wirst du erwachen und das Höchste, das heißt dich selbst, verwirklichen.

 

Herzliche Grüße

Bernd